Plausibel ist noch lange nicht wahr

Zu den geplanten Pistenverlängerungen am Flughafen Zürich wird gegenwärtig viel Unfug behauptet. Nicht wahrer durch Wiederholung wird etwa die Mär, die Verlängerungen der Pisten 28 und 32 führten zu einem Kapazitätsausbau. Thomas O. Koller, ehemaliger Geschäftsführer des Komitees Weltoffenes Zürich und Lifetime-Member, bringt es in einer Replik auf einen Leserbrief im „Zürcher Unterländer“ auf den Punkt: „Denke selbst, sonst tun es andere für Dich“.

Der Leserbrief von Thomas O. Koller im O-Ton:

„Jakob Schmid legt gleich richtig los: Bei den Pistenverlängerungen brauche man nicht lange zu überlegen, sie dienten der Kapazitätserweiterung des Flughafens. Punkt. Das ist eine unverhohlene Einladung an die Leserschaft, sie solle doch bitte aufs Denken verzichten. Geschickt bedient er dabei einen logischen Reflex: länger ist mehr - oder: längere Pisten = mehr Verkehr. Für eine unkritische Leserschaft mag das plausibel sein, aber plausibel ist noch lange nicht wahr.

„Denke selbst, sonst tun es andere für Dich“, sagt Vince Ebert, Physiker und Comedian. Das gilt auch hier. Fakt ist: Der Flughafen Zürich kämpft mit einem komplexen, wetter- und fehleranfälligen Pistensystem. Die Verlängerungen der Pisten 28 und 32 senken die Komplexität und Fehleranfälligkeit des Flugbetriebes und erlauben auch unter schwierigen Wetterbedingungen einen stabilen Betrieb. Die Kapazität wird dabei nicht erhöht. Dazu muss man wissen, dass der Flughafen als interkontinentale Drehscheibe betrieben wird: Es wird nicht pausenlos geflogen, sondern in sechs „Wellen“ mit Starts und Landungen. In diesen Zeitfenstern können die Passagiere ein-, aus- und umsteigen. Für die Kapazität des Flughafens massgebend ist demnach die Zahl der Wellen, die innerhalb eines Betriebstags abgewickelt werden können und die Anzahl Starts und Landungen, die man in eine Welle „packen“ kann. Beides ist weitgehend ausgereizt. Folgerung: Die Pistenlängen sind für die Gesamtkapazität des Flughafens nicht relevant.

Eine zweite Einladung, nicht selbst zu denken, macht der Leserbriefschreiber Schmid mit der Aussage: Für die kleine Schweiz sei der Flughafen gross genug. Auch hier soll Plausibilität Fakten ersetzen. „Klein“ braucht nicht „gross“. Ist doch logisch. Weit gefehlt: Die Schweiz ist zwar bevölkerungsmässig ein Zwerg, als Exportnation aber ein Riese. Es gibt nur sehr wenige Länder, die ähnlich stark international vernetzt sind wie die Schweiz. Unsere Volkswirtschaft braucht deshalb einen Flughafen, über den ein attraktives interkontinentales Flugnetz, sicher zuverlässig und stabil betrieben werden kann. Darum braucht es die Verlängerungen der Pisten 28 und 32.“