Spannungen belasten den Aufschwung

Die Perspektiven haben sich aufgehellt, auch wenn Mutationen weltweit für Unsicherheit sorgen. Am Flughafen Zürich sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie zwar immer noch deutlich spürbar. Es ist aber zu hoffen, dass das Volumen auf über 50 % des Vorkrisenniveaus steigt und damit der massive tägliche Geldabfluss gestoppt werden kann. Im Juli hat es auch tatsächlich angezogen – hoffentlich nachhaltig.

Wie exponiert die Luftfahrt in dieser Krise ist, zeigt sich unter anderem an zwei Punkten: zum einen an der nüchternen Statistik, zum anderen im Zwischenmenschlichen.

In der Statistik spiegelt sich, wie sensibel die Luftfahrt und allgemein die Reise- und Tourismusbranche auf die Corona-Pandemie reagiert. Beispiel Juni 2021, in dem 621'117 Passagiere über den Flughafen Zürich reisten. Im Vergleich mit dem Juni 2020 lässt sich aufgrund eines katastrophal tiefen Basiswerts ein regelrechter Boom vermuten – zu verzeichnen ist ein Plus von 208 Prozent. Vergleicht man mit dem Juni 2019 und damit mit «normalen Zeiten», resultiert ein Minus von 79 Prozent und damit die harte Landung auf dem Boden der Realität.

Und das Zwischenmenschliche: Der individuelle Umgang mit der Krise ist höchst unterschiedlich. Familien und Freundeskreise werden auf eine Zerreisprobe gestellt, ja die Gesellschaft insgesamt durchlebt eine Zeit mit vielen Spannungen. Respekt und Empathie sind gefragt. Dass sich diese Tugenden rasch in Luft auflösen, zeigt sich besonders auch an Flughäfen und in Flugzeugen. Bereits gibt es einen Namen für das Phänomen, dass Wutausbrüche in der Luft offenbar zunehmen: Air Rage. In einer aktuellen Studie des zum Versicherungskonzern Allianz gehörenden Industrieversicherers AGCS wird «Air Rage» als einer der Top-Risiken für die Luftfahrt auf dem Weg zurück in die Normalität genannt. Vor allem das Tragen der Maske führt zu Diskussionen und Gehässigkeiten, wie Sandrine Nikolic-Fuss, Präsidentin der Gewerkschaft des Schweizer Kabinenpersonals, in einem Artikel des «Tages-Anzeigers» bestätigt. Ihr pragmatischer Umgang damit ist vorbildhaft – und bewährt sich hoffentlich weiterhin: Sie habe gute Erfahrungen damit gemacht, direkt nachzufragen, warum jemand den Mundschutz nicht tragen möchte, sagt sie, und erzählt weiter: «Das reicht in den meisten Fällen, um die Situation zu entspannen und zu klären.» Zu hoffen ist, dass sich solche Rezepte bewähren – und wir uns gegenseitig das Leben nicht noch schwerer machen, als es das fiese Virus ohnehin schon tut.