Sie wähnen sich auf der Seite des Guten, fordern Respekt – und strafen die Bedürfnisse Hunderttausender Menschen mit Verachtung. Klima-Aktivisten der «Letzten Generation» drohen damit, am Wochenende den zivilen Flugverkehr lahmzulegen. Erste destruktive Aktionen haben an den Flughafen Köln/Bonn und Zürich bereits stattgefunden, weitere sollen folgen.
Auch abgesehen von der Anmassung, für eine ganze Generation zu sprechen, ist es eine «hinterletzte» Aktion: Sie stempelt die legitimen (Reise-)Bedürfnisse Hunderttausender, ja weltweit Millionen Reisender als niederträchtig ab, verkennt, dass Mobilität in einer vernetzten Welt ein Grundbedürfnis ist und stellt die Luftfahrt so plakativ und einseitig an den Pranger, dass Erinnerungen an Hexen-Prozesse aus dem Mittelalter aufkommen.
Höchste Zeit also für einen nüchternen Faktencheck. Ist der Flugverkehr tatsächlich «Klimasünder Nummer 1»? Nein. Der globale Luftverkehr ist für rund 2 bis 3 Prozent der globalen anthropogenen Treibhausgasemissionen verantwortlich (International Energy Agency, 2018). Im nationalen Kontext beträgt der Anteil des von der Schweiz ausgehenden globalen Luftverkehrs 11 Prozent aller schweizerischen Treibhausgasemissionen der Schweiz (Akademie der Naturwissenschaften Schweiz, 2021).
Die Luftfahrt ist also für kleine Anteile verantwortlich – aber durchaus für relevante. Handlungsbedarf besteht, und er ist erkannt. Mobilität ist und bleibt wichtig, und sie muss nachhaltig werden.
International ist das verbriefte Ziel, die Netto-CO2-Emissionen des weltweiten Luftverkehrs bis zum Jahr 2050 auf null zu senken. Dies beschloss Ende 2022 die 41. ICAO-Versammlung in Anwesenheit von 184 der 193 Mitgliedsstaaten. Die Schweizer Landesflughäfen wie auch die SWISS bekennen sich zu diesem Ziel – und investieren Milliarden in Modernisierungen der Infrastruktur, der Flotte und in nachhaltige Flugtreibstoffe (Sustainable Aviation Fuels, kurz SAF), die mit dem neuen CO2-Gesetz verpflichtend gefördert werden. Der Einsatz von nachhaltigen Flugtreibstoffen ist für den Bundesrat die wichtigste Massnahme zur Reduktion von fossilen CO2-Emissionen, wie er in seinem Bericht dazu erläutert, wie klimaneutrales Fliegen bis 2050 möglich ist.
Statt den Flugverkehr zu torpedieren, würden die Klima-Aktivisten besser helfen, die Herausforderungen im Transformationsprozess zu einer nachhaltigen Mobilität zu unterstützen. Zur Einstimmung sei Ihnen der faktenreiche und nüchterne Bericht des Bundesrats empfohlen: «CO2-neutrales Fliegen bis 2050».
Der Bericht gibt einem zwar nicht das Gefühl, ein besserer Mensch zu sein als die anderen. Aber er zeigt auf, wie pragmatisch und mit vereinten Kräften erreicht werden kann, dass die Luftfahrt nachhaltig wird.