Vorteile für Betrieb und Bevölkerung

Der Regierungsrat unterstützt Verlängerungen der Pisten 28 und 32 am Flughafen Zürich, wie er mitgeteilt hat. Das ist ein wichtiger Schritt und folgerichtig, hat doch 2013 eine Sicherheitsüberprüfung zum Flughafen Zürich Handlungsbedarf für Verbesserungen von Sicherheit, Verlässlichkeit und betrieblichen Abläufen ergeben. Der heutige Betrieb ist komplex, in gewissen Wetterlagen sind die Pisten 28 und 32 für schwere Langstreckenflugzeuge zu kurz. Häufige Wechsel der Betriebskonzepte, Verspätungen und abendliche Südanflüge sind Folgen davon. Die geplanten Verlängerungen der Pisten 28 und 32 bringen betriebliche Stabilität, weniger Flüge nach 23 Uhr und weniger abendliche Südanflüge. Das Vorhaben führt also auch zu weniger Lärmbetroffenen und hat positive Auswirkungen auf den Zürcher Fluglärm-Index (ZFI). Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh kann so auf ihrer To-do-Liste gleich zwei Häkchen setzen: Betrieb stabilisiert und damit die Sicherheitsmarge verbessert, Verspätungen und abendliche Südanflüge verringert und damit im ZFI die Zahl der Lärmbetroffenen verringert. Ein solch wirkungsvoller Doppelschlag war noch nicht manchem ihrer Vorgänger vergönnt, auch wenn natürlich klar ist, dass bis zur definitiven Realisierung des Projekts gut und gerne zehn Jahre vergehen können.

Klar: Im Moment steht die Luftfahrtbranche immer noch im Zeichen der Corona-Pandemie, auch wenn sich die Perspektiven zum Glück aufgehellt haben. Das aktuell immer noch geringe Niveau der Flugbewegungs- und Passagierzahlen darf uns aber nicht von einer sauberen langfristigen Planung abhalten. Die Planungsprozesse dauern lange: Zuerst ist nun der Kantonsrat am Zug, dann wird das Volk das letzte demokratische Wort haben und mit grösster Wahrscheinlichkeit folgen schliesslich noch rechtliche Hürden in Beschwerdeverfahren. Das darf nicht abschrecken, denn ein robustes und entwicklungsfähiges Luftfahrtsystem ist äusserst wichtig– auch nach der hoffentlich baldigen Überwindung der Corona-Pandemie. Alleine am Flughafen Zürich beschäftigen rund 300 Firmen etwa 25'000 Menschen und sie erwirtschaften eine jährliche Wertschöpfung von rund fünf Milliarden Franken. Insgesamt leben rund 100'000 Menschen direkt oder indirekt vom Flughafen Zürich. Die Wertschöpfung in den Bereichen Aussenhandel, Dienstleistung, Tourismus und Gewerbe beträgt in normalen Zeiten rund 15 Milliarden Franken.

Für uns alle ist zu hoffen, dass diese Wertschöpfung auch in Zukunft funktioniert. Denn gerade die epochale Corona-Krise hat gezeigt, dass Fliegen kein Selbstzweck ist, sondern dass vieles an einem intakten Luftfahrt-System hängt: (Export-) Wirtschaft, Fracht, Tourismus, Forschung, internationale Organisationen – es geht um tausende Arbeitsplätze. Dass diese Zusammenhänge keine leeren Worte, sondern im Krisenfall bittere Realität sind, hat das Zustandekommen der Allianz Back in the Air im vergangenen April eindrücklich verdeutlicht: Rund 30 Organisationen haben sich mit Forderungen an den Bundesrat gewandt und eine pragmatische Wiedergewährung der Reisefreiheit gefordert. Die Allianz ist breit abgestützt – von Economiesuisse bis zum Schweizerischen Gewerkschaftsbund, vom Arbeitgeberverband bis zum Kabinenpersonalverband Kapers, von Schweiz Tourismus bis zum VPOD, von der Swiss bis zu Aeropers. Ein solches Bündnis über vermeintliche Grenzen hinweg ist historisch.

Heutiges Pistensystem stammt aus den 70er-Jahren

Wegweisend sind auch die geplanten Pistenverlängerungen. Sie dienen nicht dem Kapazitätsausbau, wie da und dort behauptet wird, sondern sollen betriebliche Optimierungen ermöglichen in einem System, das an seine Grenzen kommt. Das heutige Pistenlayout stammt aus den 70er-Jahren und ist nie verändert worden, obschon die Nachfrage stetig zunahm. Statt 100'000 Flugbewegungen und 7 Millionen Passagiere wurden 2019 275'000 Flugbewegungen und 31,5 Millionen Passagiere über den Flughafen Zürich abgewickelt. Dass dies sicher möglich ist, wurde vor der Krise bewiesen – die Nebenwirkungen sind aber bekannt und ärgerlich. Und die Nebenwirkungen sind keine Bagatellen: Zum einen leidet die Stabilität des Betriebs, zum anderen sind oft abendliche Südanflüge nötig und es kommt zu Verspätungen und Flügen nach 23 Uhr. Die nun geplanten Verlängerungen der Pisten 28 und 32 sind ein effektives Gegenmittel gegen diese Nebenwirkungen. Sie sind für die Weiterentwicklung des Betriebs und für die Bevölkerung wichtig und dürfen nicht verzögert werden. Das Komitee Weltoffenes Zürich begrüsst darum, dass der Zürcher Regierungsrat das Vorhaben der Flughafen Zürich AG unterstützt und seinen Antrag in Form einer Weisung dem Kantonsrat überweist. Zu hoffen ist, dass im Kantonsrat die nüchterne Analyse höheren Stellenwert erhält als ideologische Abwehrreflexe. Die Pistenverlängerungen sind zentral für die Stabilität: Es wäre fahrlässig, die Empfehlungen der Sicherheitsüberprüfung in den Wind zu schlagen. Und es wäre nicht zu rechtfertigen, auf die Möglichkeit zu verzichten, die Zahl der Lärmbetroffenen zu verringern – zumal die Flughafen Zürich AG die geschätzten Kosten von 250 Millionen Franken vollständig selber übernimmt.

Erste Reaktionen lassen für die Debatte im Kantonsrat nichts Gutes erahnen. Die Grünen zeigen sich empört und machen in ihrer emotionalen Stellungnahme keinen Hehl daraus, dass sie das konkrete Vorhaben gar nicht genau geprüft haben, sondern lieber grundsätzliche Kritiksalven gegen den Flughafen abfeuern. Sie vermischen die Pistenverlängerungen mit der Corona- und der Klimakrise, als ob es irgendeinen Zusammenhang gäbe, und fabulieren davon, dass die Zeit der Ausbauphantasien am Flughafen Zürich vorbei sei. Immerhin sind sie so ehrlich, dass sie sich nicht auf das konkrete Projekt einlassen und schlicht und einfach zu verstehen geben, dass sie am liebsten gar keinen Flughafen und gar keine Luftfahrt wollen. Was sagen da die Gewerkschaften dazu, was die Tausenden von Angestellten, die aktuell schlaflose Nächte haben und um ihren Job und ihre Zukunft bangen?

Lässt man sich auf das Projekt ein, landet man nicht bei Ausbaufantasien, vielmehr geht die Zeitreise zurück in das Jahr 2011. Ein Beinahe-Crash am Flughafen Zürich führte zu einer vom Bund geführten Sicherheitsüberprüfung, deren Fazit im Jahr 2013 vorlag und lautete, die Sicherheit sollte in Zukunft stärker gewichtet werden «und es sollten entsprechend weniger Kompromisse zulasten der Sicherheit eingegangen werden». Der Handlungsbedarf sei ausgewiesen. In den Fokus rückte namentlich das komplexe Flughafen-Layout mit sich kreuzenden Pisten und beidseits der Start- und Landebahnen gelegenen Terminals. Als Problem definiert wurden auch die hohe operationelle Komplexität und häufige Konzeptwechsel. Also exakt die Themen, die nun mit der geplanten Verlängerungen der Pisten 28 und 32 verbessert werden sollen.

Drekkreuz weiterentwickeln

Die Piste 28 ist die kürzeste Piste, auf der bei bestimmten Wetterlagen nicht alle schweren Langstreckenflugzeuge landen können. Die geplante Verlängerung führt betrieblich dazu, dass die Stabilität und die Sicherheitsmarge im Ostkonzept verbessert und die Piste vermehrt für Landungen genutzt werden kann. Komplexe Umstellungen des Betriebskonzepts können reduziert werden. Für die Bevölkerung bedeutet das, dass Verspätungen und Flugbewegungen nach 23 Uhr abnehmen. Positiv auf die Zahl der von Fluglärm belasteten Personen wirkt sich zudem aus, dass die Zahl der abendlichen Südanflüge abnimmt, da nicht mehr kurzfristig in bestimmten Wetterlagen auf das Südkonzept umgestellt werden muss.

Die Verlängerung der Piste 32 bewirkt, dass am Abend in der Regel auch schwere Langstreckenflugzeuge auf ihr starten können und das Ausweichen auf die Piste 34 entfällt. So werden Rollwege verkürzt und mehrfache Kreuzungen vermieden, die Sicherheitsmarge wird verbessert. Auch diese Massnahme führt dazu, dass Verspätungen am Abend verringert werden und die Zahl der Flugbewegungen nach 23 Uhr abnimmt.

Also: Wollen wir wie die Grünen der Luftfahrt grundsätzlich den Kampf ansagen? Das wäre fatal – vielmehr muss das für die Anbindung der Schweiz an die Welt zentral wichtige Drehkreuz in Zürich mass- und verantwortungsvoll weiterentwickelt werden. Mit Blick auf diese Forderung überzeugt das vorliegende Projekt auf der ganzen Linie: Es verbessert den Betrieb, führt zu weniger Flügen nach 23 Uhr und reduziert die Zahl der Lärmbetroffen.