Pauschal-Quarantäne ist das falsche Rezept

Auf der Corona-Geisterbahn werden wir gerade wieder durchgeschüttelt. Die Nerven liegen blank. Der Walliser Staatsrat Christophe Darbellay verurteilt die vom Bund erlassenen Reiserestriktionen in einem Interview mit der «NZZ» scharf. Dieses Regime bedeute für den Tourismus faktisch eine Grenzschliessung. Und er kommentiert: «Die kaufkräftigen Gäste weichen einfach nach Italien oder Frankreich aus. Die Quarantäneliste war ein Schnellschuss des Bundesamts für Gesundheit.» Tatsächlich ist irritierend, dass der Bundesrat wichtige Quellmärkte insbesondere des Schweizer Tourismus vollkommen unkoordiniert auf die Quarantäne-Liste gesetzt hat.

Nun ist höchste Zeit zum Durchatmen. Und es ist höchste Zeit, die Massnahmen so zu justieren, dass sie effektiv und verhältnismässig sind – aber nicht breitflächig immensen Schaden verursachen, die Wintersaison in den Skigebieten gefährden und insgesamt tausende Arbeitsplätze aufs Spiel setzen.

Unbestritten ist zum einen, dass mit dem Auftauchen der neuen Virusvariante Omikron eine Entwicklung eingetreten ist, die Anlass zur Sorge gibt und rasche Massnahmen erforderte, um die Ausbreitung der Mutante zu bremsen. Klar ist aber auf der anderen Seite auch, dass unvermittelt eingeführte Einreiseverbote und laufend angepasste Quarantänelisten der falsche Weg sind, um uns zu schützen. Der angerichtete Schaden insbesondere in der Wirtschaft und im Tourismus ist riesig, der Nutzen dagegen höchst zweifelhaft.

Flug- und Einreiseverbote sind ein Kampf gegen Windmühlen, zumal Omikron schon weit verbreitet und auch in der Schweiz nachgewiesen worden ist. Quarantänepflicht und generelle Reiserestriktionen auch für Geimpfte und Genesene schiessen weit übers Ziel hinaus. Diese Massnahmen sind ein Ausdruck von Hilflosigkeit, die in der allerersten Phase verständlich ist, dann aber mit Hochdruck durch eine durchdachte Strategie abgelöst werden muss. Die Rezepte für planvolles Vorgehen sind nach bald zwei Jahren Pandemie erprobt.

Effektiv und verhältnismässig ist der risikobasierte Ansatz, den der Bundesrat richtigerweise im Frühling eingeführt hat. Für Reisende mit gültigem Covid-Zertifikat muss die Reisefreiheit weiterhin gelten. Insbesondere ist die Quarantäne-Pflicht für Reisende, die geimpft und/oder genesen sind, unangebracht. Diese Gruppe belastet das Spitalsystem nachweislich deutlich geringer. Anstelle der pauschalen Quarantäne muss, wenn es die Lage aufgrund neuer unbekannter Virus-Varianten erfordert,  auf eine systematische Teststrategie gesetzt werden, je nach Situation auch für geimpfte oder genesene Reisende. Nach bald zwei Jahren Pandemie sollten wir gelernt haben, uns mit gezielteren Massnahmen zu schützen.