Nicht nur auf Lärm fokussieren

Der Ende 2021 publizierte Bericht der Eidgenössischen Kommission für Lärmbekämpfung (EKLB) droht - ganz leise - unter dem Radar zu segeln. Dabei hat er so hohes Gefahrenpotential, dass der Lärm eigentlich gross sein müsste. Die Expertenkommission beurteilt die Schädlichkeit und Lästigkeit von Verkehrslärm nach neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Analyse ist allerdings einseitig auf Lärm ausgerichtet, eine Güterabwägung mit ebenfalls wichtigen Aspekten wie Siedlungsentwicklung und Mobilität wurde nicht vorgenommen. Empfohlen werden deutliche Lärmgrenzwertverschärfungen und eine restriktivere Beurteilungsmethode von Nachtlärm. Die Empfehlungen gehen sehr weit – die Menschen sollen vor schädlichem und explizit auch vor subjektivem Lärm geschützt werden.

Werden die «Empfehlungen für eine Aktualisierung und Verschärfung der Grenzwerte für Strassen-, Eisenbahn- und Fluglärm» vom Bundesrat auch nur annähernd so umgesetzt, hätte dies massive Auswirkungen. Und zwar sowohl auf die Verkehrsträger Luftfahrt, Strasse und Schiene als auch auf die Raum- und Siedlungsentwicklung und damit auf die Gemeinden. Konkret würden sich erstens die Gebiete massiv vergrössern, in denen die Verkehrsträger Schallschutzmassnahmen umsetzen müssten. Und zweitens würden sich auch jene Gebiete stark ausdehnen, in denen Einzonungsverbote und absolute Bauverbote gälten.

Es ist durchaus in Ordnung, wenn die Kommission für Lärmbekämpfung in ihrem Bericht einseitig auf Lärm fokussiert. Aber es ist gar nicht in Ordnung, wenn dies nachher für die ganze "Wahrheit" genommen wird. Bevor in dieser Sache Pflöcke eingeschlagen werden, braucht es zwingend eine nüchterne Güterabwägung. Dabei zählen auch die Aspekte Siedlungsentwicklung, Verkehrsentwicklung (Mobilität), globale Anbindung der Schweiz an die Welt und Volkswirtschaft. Glasklar bringt es Michael von Ledebur in seinem lesenswerten Kommentar in der NZZ auf den Punkt.