Unter dem Titel Komitee-Stimmen äussern sich in diesem Blog Mitglieder des Komitees Weltoffenes Zürich regelmässig zu Themen, die wichtig sind für den Standort und dessen Anbindung an die Welt. Aktuell fragen wir nach bei Dieter Neupert, Anwalt, Senior Partner bei Neupert Vuille Partners in Zollikon und Mitglied des Komitees Weltoffenes Zürich. Die Rubrik ist auch Teil des monatlich erscheinenden Newsletters des Komitees, der über diesen Link abonniert werden kann. Vielen Dank für das Interesse!
Herr Neupert, die Corona-Pandemie bedeutet für die Luftfahrt eine Jahrhundert-Krise. Sie haben in Ihrer langen Laufbahn schon vieles erlebt. Wird die Pandemie die Luftfahrt nachhaltig verändern?
Reisen ist und bleibt ein elementares menschliches Bedürfnis – die Coronakrise wird aber sicher eine Abkehr vom Schnäppchen- Overtourism und eine Hinwendung zu einem nachhaltigeren, bewussten und sozialethischen Tourismus einleiten.
Was erwarten Sie von der Politik, was muss unternommen werden, dass sich die Schweizer Luftfahrt gut aus dieser Krise entwickeln und damit die gute Verkehrsanbindung der Schweiz sichergestellt werden kann?
Die Luftfahrt braucht Planungssicherheit. Eines hat die Pandemie grundsätzlich gezeigt: Anstelle laufend wechselnder Einreisbestimmungen müssen international anerkannte Zertifikate bessere Prognosen und damit robuste Operationen sicherstellen.
Sie waren Vizepräsident des Luftfahrtverbands Aerosuisse, Präsident des Verbands der Swiss Business Aviation Association, jetzt sind Mitglied im Komitee Weltoffenes Zürich. Was motiviert Sie, sich für ein weltoffenes Zürich zu engagieren?
Alt-Bundesrat Nello Celio wird das Bonmot zugeschrieben «Wer nicht fliegt, wird überflügelt» - für ein Binnenland wie die Schweiz ist eine gute Verkehrsanbindung unabdingbar, genauso für den Forschungsstandort und für den Finanzplatz. Zentrale Bedeutung hat zudem die Luftfracht für unsere Exportindustrie. Das Komitee Weltoffenes Zürich vertritt diese Ziele, die auch meiner persönlichen Überzeugung entsprechen.
Wichtig für die internationale Anbindung ist auch die Geschäftsfliegerei. Sie kämpft jedoch mit Vorurteilen, mit Klischees, wie sich auch im Konflikt um den Standort Dübendorf gezeigt hat. Warum ist die Geschäftsfliegerei volkswirtschaftlich bedeutsam – und wie gelingt es, das auch aufzuzeigen?
Die Bedeutung der Schweizer Business Aviation sei anhand der Zahlen für das Jahr 2020 illustriert: 251 Geschäftsflugzeuge (davon 141 in der Schweiz registriert) generierten fast 70 000 Flugbewegungen – und sicherten damit über 34 000 Arbeitsplätze und eine Gesamtwertschöpfung von gegen 15 Mrd. Franken.
Die Geschäftsfliegerei wird oft auch als Klima-Sündenbock angeprangert. Macht die Branche genug, um die Emissionen zu reduzieren?
Obschon der Luftverkehr lediglich 3 Prozent des CO2-Ausstosses und damit der Klimaveränderung bewirkt, bekennt sich die Branche klar zu einer fossilarmen Treibstoff-Zukunft. Wenn auch reiner Wasserstoff zum Antrieb nicht im Vordergrund steht, können synthetische Treibstoffe (Sustainable Aviation Fuels) den Weg zu einem klimaneutralen Fliegen aufzeigen, beispielsweise kann «grünes» Kerosin durch Methanpyrolyse (mittel Hochtemperatur- Nuklearreaktoren) und Rekombination mit gebundenem CO2 (aus dem Carbon Capture und Storage Prozess) erzeugt werden.
Das Vorhaben, die Geschäftsfliegerei in Dübendorf anzusiedeln, ist gescheitert. Aktuell boomt diese Sparte und sie erhält am Flughafen Zürich genügend Slots. Das kann sich ändern, wenn der Verkehr wieder anzieht. Was sind die Perspektiven? Wie kann die langfristige Entwicklung der Geschäftsfliegerei gesichert werden?
Noch 2016 hiess es im Luftfahrtbericht des Bundes, „der Bundesrat will den Flugplatz Dübendorf für die Business Aviation zur Verfügung stellen“. Durch den Rückzug des Bundes aus dem Projekt Flugplatz Dübendorf wird der Flughafen Zürich (immerhin an 4. Stelle in Europa ) wieder Slots für über 18 000 Businessflüge erteilen müssen. Da die Airlines und der fahrplanmässige Bedarfsluftverkehr («Charter») Priorität geniessen, müssten sich Business Aviation Operators zu einem Pool zusammenschliessen, der feste Slots beantragen und dann an die Mitglieder weiter vergeben könnte. Allerdings müssen Slots genutzt werden, sonst gehen sie verloren!