Komitee-Stimmen Folge 23: Dr. Daniel Hunziker

Herr Hunziker, sie engagieren sich als Mitglied des Komitees Weltoffenes Zürich. Dessen Kernziel ist, die gute internationale Verkehrsanbindung Zürichs und der Schweiz an die Welt sicherzustellen. Was motiviert Sie, sich für ein weltoffenes Zürich zu engagieren?

Ich bin überzeugt, dass internationale Anbindungen die Schweizer Wirtschaft und Forschung bedeutend weiterbringen. Wir haben eine offene und exportorientierte Wirtschaft, die solche Anbindungen zwingend benötigt. Das ist nicht nur beim Verkehr so, aber eben auch beim Verkehr. Und dabei spielt der Flughafen Zürich eine entscheidende Rolle, der Sorge getragen werden muss. Und Weltoffenheit ist aus meiner persönlichen Sicht sowieso eine gute Grundhaltung.

Stichwort Weltoffenheit: Das Verhältnis der Schweiz zur EU wird derzeit auf eine harte Probe gestellt. Wie beurteilen Sie die Entwicklung?

Der Zugang zu ausländischen Märkten ist ein zentraler Erfolgsfaktor für den Wirtschaftsstandort Schweiz. Von besonderer Bedeutung sind dabei der EU/EWR-Binnenmarkt. Das bestehende bilaterale Vertragswerk mit der EU hat sich gut bewährt. Es bietet der Schweiz einen massgeschneiderten Zugang zum EU-Binnenmarkt und schafft ein geregeltes nachbarschaftliches Verhältnis. Die bilateralen Verträge tragen auf verschiedenen Ebenen wesentlich zur Wettbewerbsfähigkeit und zum Wohlstand unseres Landes bei. Der Ausbau der bilateralen Beziehung mit der EU in Richtung einer allgemeinen Marktzugangsregelung würde die Rechts- und Planungssicherheit für Unternehmen erhöhen und das Verhältnis zur EU wieder auf eine solide Basis stellen. Wir begrüssen deshalb, dass die Schweiz eine Weiterentwicklung der Beziehungen mit der EU anstrebt.

Wie wichtig ist eine Klärung des Verhältnisses zur EU für den Finanzplatz?

Finanzdienstleistungen sind nicht Gegenstand der aktuellen Gespräche zwischen der Schweiz und der EU. Mittelfristig sind wir an Marktzugangslösungen interessiert, welche die bestehenden Äquivalenzanerkennungsverfahren im Finanzbereich auf ein stabileres und verlässlicheres Fundament stellen. Hierfür braucht es geregelte Beziehungen mit der EU. Des Weiteren sollen Lösungen gefunden werden für Institute, welche sich von einer EU-Aufsichtsbehörde beaufsichtigen lassen wollen und dafür Zugang zum gesamten EU-Markt bekommen. Eine solche Lösung wäre der von der Schweizerischen Bankiervereinigung entwickelte «institutsspezifische Ansatz», welche im Gegensatz zu einem Finanzdienstleistungsabkommen nur diejenigen Institute europäischer Regulierung unterstellt, welche den Marktzugang wünschen.

Eine international geprägte Abstimmung steht am 18. Juni auf nationaler Ebene auf der Agenda – die Umsetzung der OECD-Mindeststeuerreform. Was ist Ihre Haltung, was steht für die Schweiz auf dem Spiel?

Wir teilen die bundesrätliche Einschätzung, dass eine breite abgestützte multilaterale Lösung an Stelle einer Vielzahl von unübersichtlichen nationalen Massnahmen vorzuziehen ist, da dies zu Rechts- und Planungssicherheit beiträgt. In Zukunft wird es für die Wahrung der Standortattraktivität der Schweiz zentral sein, verbleibenden fiskalpolitischen Spielraum auszunutzen und zugleich auch die nicht-fiskalische Rahmenbedingungen weiter zu verbessern.

Der Flughafen Zürich feiert 2023 sein 75-Jahre-Jubiläum. Welche Bedeutung wird der Flughafen in 25 Jahren haben? Wie wird sich Mobilität bis 2048 verändern?

Ich bin überzeugt, dass der Flughafen auch in 25 Jahren noch eine grosse Bedeutung für den Standort Zürich und die ganze Schweiz haben wird. Auch wenn sich der Wandel tendenziell beschleunigt, so ist ein internationaler Flughafen, von dem aus man viele Destinationen direkt erreichen kann, weiterhin sehr wichtig. Es wird technologische Weiterentwicklungen geben, zum Beispiel im Bereich der Treibstoffe und bei den Geräuschemissionen. Dies dürfte trotz weiterer Verdichtung im Wohnraum Zürich dazu führen, dass die Akzeptanz auch in der Bevölkerung hoch bleibt. Und damit bleibt der Flugverkehr im Mobilität-Mix zentral.

Die Coronapandemie hat gezeigt, dass sich viele Sitzung auch digital durchführen lassen. Verliert die Luftfahrt dadurch für Unternehmen wie die Credit Suisse an Bedeutung?

Tatsächlich haben wir alle während der Pandemie sehr rasch gelernt, dass sich viele Besprechungen auch gut via Videocall und ähnlichen Hilfsmitteln durchführen lassen. Somit hätte man davon ausgehen können, dass die Geschäftsflüge deutlich abnehmen werden. Was wir seit dem Ende der Pandemie gesehen haben, ist dass persönliche Gespräche gezielter eingesetzt werden, aber immer noch häufig und wichtig sind. Das bedeutet, dass viele Themen auf digitalen Kanälen besprochen werden, Geschäftsreisen und persönliche Gespräche jedoch dann gewählt werden, wenn das Knüpfen und Pflegen von Beziehungen wichtig ist, oder auch wenn kreative Prozesse im Zentrum stehen. Damit verliert auch die Luftfahrt keineswegs an Bedeutung für Unternehmen.

Die Zürcher Stimmbevölkerung wird sich bald intensiv mit dem Flughafen Zürich beschäftigen: Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird es zu den geplanten Verlängerungen der Pisten 28 und 32 zu einer Volksabstimmung kommen. Warum braucht es diese Pistenverlängerungen?

Das Komitee Weltoffenes Zürich hat dazu eine klare Meinung, welche ich teile: Die Pistenverlängerungen verbessern den Status Quo für alle. Die Sicherheitsmarge wird durch die Reduktion der Kreuzungen am Boden erhöht, und ebenso die Pünktlichkeit durch ein verbessertes Anflugkonzept aus Osten auch bei schlechtem Wetter. Die verbesserte Pünktlichkeit dürfte auch dazu führen, dass nach 23 Uhr weniger „aufgeholt“ werden muss. Damit profitieren von den Pistenverlängerungen der Flughafen, die Airlines, die Passagiere und die Bevölkerung rund um den Flughafen.