Komitee-Stimmen Folge 20: Balz Halter

Unter dem Titel "Komitee-Stimmen" äussern sich in diesem Blog Mitglieder des Komitees Weltoffenes Zürich regelmässig zu Themen, die wichtig sind für den Standort und dessen Anbindung an die Welt. Aktuell fragen wir nach bei Balz Halter, Verwaltungsratspräsident der Halter AG. Die Rubrik ist auch Teil des monatlich erscheinenden Newsletters des Komitees, der über diesen Link abonniert werden kann. Vielen Dank für Ihr Interesse!

Herr Halter, Sie engagieren sich als Mitglied des Komitees Weltoffenes Zürich. Dessen Kernziel ist, die gute internationale Verkehrsanbindung Zürichs und der Schweiz an die Welt sicherzustellen. Was motiviert Sie, sich für ein weltoffenes Zürich zu engagieren?

Der Flughafen in Kloten war ein zentraler Faktor, dass sich die Schweiz zu einer der erfolgreichsten Export- und Dienstleistungsgesellschaften entwickeln konnte. Dies hat enormen Wohlstand gebracht, von dem wir heute alle profitieren können. Damit dies auch für kommende Generationen möglich ist, setze ich mich ein für den Erhalt und den weiteren Ausbau dieser zentralen und strategischen Infrastruktur.

Stichwort Weltoffenheit: Das Verhältnis der Schweiz zur EU wird derzeit auf eine harte Probe gestellt. Wie beurteilen Sie die Entwicklung?

Die Länder der EU sind wichtige Handelspartner für die Schweizer Wirtschaft. Der Anteil an Exporten über die EU hinaus gewinnt aber zunehmend an Bedeutung. Er ist in noch höherem Mass abhängig von einer ausgezeichneten Luftverkehrsanbindung. Die Diskussion über ein Rahmenabkommen mit der EU ziehen sich inzwischen schon 20 Jahre dahin. Piece de Résistance ist und bleibt die dynamische Rechtsübernahme und das Streitschlichtungsverfahren. Weil die Forderungen der EU die direkte Demokratie und Souveränität unseres Landes untergraben, ist anzunehmen, dass sie beim Stimmvolk keine Zustimmung finden werden. Wir müssen uns also auf ein konfliktreiches Verhältnis mit der EU einstellen und an Rahmenbedingungen arbeiten, deren Ausgestaltung in unserer Macht liegen. Die internationale Verkehrsanbindung gehört dazu.

Sie sind im Immobilienbereich tätig. Inwiefern ist die internationale Vernetzung für ihr Kerngeschäft relevant?

Die Bau- und Immobilienwirtschaft ist direkt abhängig von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Wenn es unserer Exportwirtschaft, der Finanzindustrie, dem Tourismus und Handel gut geht, geht es auch uns gut. Sie alle sind angewiesen auf eine gute internationale, ja globale Vernetzung.

Die Halter AG versteht sich als Entwickler. Welche Rolle spielt die Mobilität in der Immobilienentwicklung?

Die gute Verkehrsanbindung ist ein Treiber für die Immobilienentwicklung. Gefragt sind Wohnungen, Büro-, Gewerbe- und Verkaufsflächen, die gut und schnell erreichbar sind. Deshalb hat das Siedlungswachstum vor allem um Verkehrsknoten und entlang von Verkehrsinfrastrukturen stattgefunden. Das hat zu einer Zersiedelung und hohem Mobilitätsaufkommen geführt. Heute geht der Trend in Richtung innere Siedlungsentwicklung, das heisst in Richtung Verdichtung an bereits gut erschlossenen und versorgten Lagen, wodurch der zusätzliche Bedarf an Mobilität eingeschränkt werden dürfte.

Wie wird sich die Mobilität verändern – gerade auch über weite Distanzen?

Durch die innere Verdichtung werden Subzentren in den Agglomerationen attraktiver, weil sie auf engerem Raum mehr Angebote und Nachfrage erzeugen. Dies wird zu einer Verlagerung hin zum Langsamverkehr führen. Es entstehen sogenannte 15-Minuten-Städte, in den vieles zu Fuss oder mit dem Velo, zunehmend auch mit neuen Trams erledigt werden kann. In der Vernetzung der Subzentren und Metropolien dürfte die Bahn weiter an Bedeutung gewinnen. Über weite Distanzen wird der Luftverkehr auch zukünftig eine wichtige Rolle spielen, weil er bezüglich Reisezeit unschlagbar ist. Ich nehme an, dass die Nachfrage auch in Zukunft steigen wird, auch im Frachtbereich.

Die Reduktion von CO2-Emmissionen ist auch im Immobilienbereich ein grosses Thema. Wo sehen Sie die grössten Hebel, wie kann am meisten erreicht werden?

Die Bau- und Immobilienindustrie hat in den vergangenen drei Jahrzehnten schon sehr viel geleistet in der Reduktion von Betriebsemissionen. Mit jeder Renovation und jedem Ersatzneubau wird sich diese Bilanz noch weiter verbessern. Der grosse Hebel, die grosse Herausforderung liegt nun in der grauen Energie respektive in den CO2-Emissionen bei der Herstellung von Baustoffen und Bauwerken. Wir müssen als Branche viel integraler und umfassender denken und handeln. Unser Ziel muss die effiziente Zykluswirtschaft sein, in der alle Materialien emissionsarm wiederverwendet werden.

Ein zentrales Thema auch für die Luftfahrt ist die Dekarbonisierung. Die Luftfahrt muss ihren Teil zur Reduktion der CO2-Emissionen beisteuern. Welches Potenzial sehen Sie?

Ich bin kein Experte. Aber ich gehe davon aus, dass in erster Linie CO2-neutrale Kraftstoffe zur Lösung beitragen werden. Auch in der Schweiz wird an deren effizienten und wirtschaftlichen Herstellung geforscht. Ein erstes Spinn-off ist bereits entstanden. Und die Swiss setzt schon heute auf gewissen Flügen nachhaltigen Treibstoff ein.