Komitee-Stimmen Folge 17: Bruno Sidler

Unter dem Titel Komitee-Stimmen äussern sich in diesem Blog Mitglieder des Komitees Weltoffenes Zürich regelmässig zu Themen, die wichtig sind für den Standort und dessen Anbindung an die Welt. Aktuell fragen wir nach bei Bruno Sidler, Logistikexperte und selbstständiger Unternehmer. Die Rubrik ist auch Teil des monatlich erscheinenden Newsletters des Komitees, der über diesen Link abonniert werden kann. Vielen Dank für das Interesse!

Herr Sidler, Sie engagieren sich als Mitglied des Komitees Weltoffenes Zürich. Was motiviert Sie zu diesem Engagement?

Ich bin seit bald 40 Jahren in der globalen Luftfracht engagiert und ich weiss um die Bedeutung der zivilen Luftfahrt und der damit verbundenen Infrastruktur. Der Flughafen Zürich mit seinen internationalen Anbindungen ist für das Funktionieren des Wirtschaftsstandortes Zürich, ja der ganzen Schweiz, unabdingbar und es ist mir ein persönliches Anliegen mitzuhelfen, dass diese Botschaft immer wieder beim Volk und insbesondere den politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern ankommt.

Das Mission Statement des Komitees ist der Einsatz für die gute globale Verkehrsanbindung des Standorts Zürich. Warum ist die gute internationale Vernetzung wichtig?

Ohne die zahlreichen direkten Anbindungen würden viele Unternehmungen, insbesondere internationale Konzerne, den Standort Zürich oder Zug hinterfragen - und nicht wenige würden abwandern.

Sie waren Chef des Logistikkonzerns Panalpina, später führten Sie das operative Geschäft des Handelskonzern DKSH. Die Luftfracht boomte nun in der Coronakrise – wie wichtig und wie volkswirtschaftlich bedeutsam dieser Bereich ist, wurde vielen erst in der Krise so richtig bewusst. Oder wie nehmen Sie das wahr?

Das reibungslose Funktionieren der Lieferketten wurde über Jahrzehnte als gegeben hingenommen. Während der Coronakrise wurde der breiten Masse zum ersten Mal so richtig bewusst, wie abhängig die Wirtschaft von diesem Bereich ist. Die Luftfracht ist gerade für Güter mit einer hohen Wertschöpfung zentral, man denke nur an die Bedeutung des Pharmasektors in unserem Land. Zudem waren es mitunter die weiterhin generierten hohen Umsätze der Luftfracht, die das Überleben mancher Airline während der Krise sicherten.

Die Lieferketten bleiben ein grosses Problem. Wie sehen die Perspektiven, wird das Rad der Globalisierung zurückgedreht?

Die Lieferketten werden sich in den nächsten sechs bis zwölf Monate stabilisieren. Die Globalisierung wird mit Bestimmtheit nicht rückgängig gemacht, die internationale Arbeitsteilung ist ein Muss, um konkurrenzfähig zu bleiben, und ich kenne kein effektiveres Mittel, um die Länder der Dritten Welt aus ihrer Armut zu befreien. Um besser gewappnet zu sein, werden sich die durchschnittlichen Lagerbestände erhöhen, zudem wird die Produktion von bestimmten Schlüsselgütern- und Komponenten wieder zurückgeholt. Die anhaltenden Probleme in der Verfügbarkeit von Halbleitern haben brutal aufgezeigt, wie abhängig wir von Asien, speziell Taiwan sind. Hier wird bereits kräftig Gegensteuer gegeben.

Wird die Luftfracht ihre wichtige Stellung behaupten können?

Die Luftfracht ist für hochwertige oder verderbliche Güter oft die einzige sinnvolle Transportart - das wird auch so bleiben. Neben der verfügbaren Kapazität auf den Passagiermaschinen braucht es auch eine robuste Kapazität auf reinen Frachtmaschinen. Gerade diese haben während der Coronakrise eine überragende Rolle gespielt.

Und eine persönliche Frage: Welche sind die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie aus den zwei zurückliegenden Pandemie-Jahren mitnehmen?

Ich bin von Natur aus ein Mensch, der versucht, alles zu planen. Während der Pandemie war das schlicht und einfach nicht möglich. Ich habe nicht nur gelernt, damit umzugehen - ich werde in Zukunft die Dinge etwas lockerer angehen.