Komitee-Stimmen Folge 12: Dr. Ole Wiesinger

Unter dem Titel Komitee-Stimmen äussern sich in diesem Blog Mitglieder des Komitees Weltoffenes Zürich regelmässig zu Themen, die wichtig sind für den Standort und dessen Anbindung an die Welt. Aktuell fragen wir nach bei Dr. Ole Wiesinger, Unternehmer mit Fokus Gesundheitswesen, unter anderem Verwaltungsratspräsident von Tertianum. Die Rubrik ist auch Teil des monatlich erscheinenden Newsletters des Komitees, der über diesen Link abonniert werden kann. Vielen Dank für das Interesse!

Herr Wiesinger, Sie engagieren sich als Mitglied des Komitees Weltoffenes Zürich. Was motiviert Sie zu diesem Engagement?

Mit meinem Engagement habe ich begonnen, als ich beruflich noch regelmässig im Schnitt einmal im Monat wahlweise nach London, in die UAE oder nach Südafrika geflogen bin. Aus nachvollziehbaren, sehr egoistischen Gründen schätzte ich die Langstreckenverbindungen abgehend vom Flughafen Zürich ausserordentlich. Ich war kürzlich in Berlin, angereist über BER. Zu meinem grössten Erstaunen waren auf dem Flightboard lediglich europäische Verbindungen aufgelistet. Auf Nachfrage wurde mir bestätigt, dass der «Hauptstadtflughafen» aus politischen Gründen keine Interkontinentalverbindungen anbietet. Auch hier wurde ich wieder daran erinnert, wie wichtig unser Engagement für den Flughafen Zürich ist!

Das Mission Statement des Komitees ist der Einsatz für die gute globale Verkehrsanbindung des Standorts Zürich. Warum ist gute internationale Vernetzung zum Beispiel für ein Unternehmen wie Hirslanden respektive für die Gesundheitsbranche wichtig?

Auch die vermeintlich eher lokale Health Care Branche ist international geworden. Zuerst natürlich für die Patientinnen und Patienten, die aus aller Welt in die Schweiz und in unsere hervorragenden Einrichtungen im Gesundheitswesen kommen, vielfach mit der ganzen Familie als Begleitung. Diagnostik, Akutbehandlung, Zweitmeinungen, aber auch alle Aktivitäten rund um das Thema «Wellbeing» erfordern eine schnelle und komfortable Verkehrsanbindung mit dem Flugzeug. All das generiert eine erhebliche Wertschöpfung für unser Land. Medizin lebt vom Austausch zwischen den Spezialistinnen und Spezialisten. Internationale Kongresse, Gastärztinnen und Gastärzte, die an den grossen Spitälern arbeiten, die Vernetzung mit der auch in der Schweiz prominent vertretenen MedTech- und Pharmabranche, all das macht einen «Medizinstandort» von Weltruhm aus - etwas, das der Region Zürich sicherlich sehr gut zu Gesicht steht.

Kongresse sind wegen der Corona-Pandemie in den letzten zwei Jahren reihenweise abgesagt worden. Werden sie wieder im gleichen Umfang stattfinden wie vor der Krise? Oder wird sich die Art und Weise, wie Kongresse durchgeführt werden, nachhaltig verändern?

Wissenschaft und Medizin leben von dem Austausch von Erfahrungen, der Interaktion, Hospitation etc. Einiges kann man ohne weiteres auch multimedial respektive online durchführen, hier haben wir viel gelernt in den letzten zwei Jahren. Trotzdem bin ich fest davon überzeugt, dass wir wieder (fast) zurück zum «status ante» kommen werden, vor allem auch, weil zu einer gesunden Zusammenarbeit eben auch persönliches Vertrauen, Nähe und ungefilterter Austausch untereinander gehören.

Sie haben auch keine Glaskugel, das ist uns bewusst. Dennoch die Frage: Welches Szenario ist bezüglich der Entwicklung von Covid-19 das Wahrscheinlichste? Worauf müssen wir uns einstellen?

Das Virus ist und bleibt hier. Je mehr Infektionen wir sehen, desto höher wird auch der Mutationsdruck. In welche Richtung sich das Virus entwickelt, sei tatsächlich der Glaskugel überlassen. Wir können alle nur hoffen, dass es nicht hinsichtlich der Infektiosität in Richtung Omikron weitergeht, aber mit einer Pathogenität wie bei Delta. Wir sind alle sicher gut beraten, uns und andere zu schützen, und uns mental, aber auch faktisch zumindest auf die Möglichkeit einer erneuten Eskalation mit allen uns bereits leidvoll bekannten Einschränkungen einzustellen.

Und eine persönliche Frage: Welche sind die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie aus den zwei zurückliegenden Pandemie-Jahren mitnehmen?

Wir waren und sind in einer extrem privilegierten Situation, hatten uns gewöhnt daran, dass sich «die Welt von alleine dreht». Die Pandemie hat uns unsere Verletzlichkeit drastisch vor Augen geführt, die Abhängigkeit von der «Mutter Natur» in so vielen Dimensionen. Hoffentlich haben wir als soziales System daraus gelernt und die richtigen Schlüsse gezogen. Wir haben aber auch gelernt, wie anpassungsfähig wir Menschen individuell und als Gesellschaft sind, ein Talent, welches uns im «Normalbetrieb» gar nicht mehr bewusst war. Insofern hat eine Krise, wie so oft berufen, immer auch positive Aspekte.